feind bild
„bilder, die abbilden und mit dem abgebildeten repräsentieren, was eines menschen lebenswelt ergänzt und bestätigt, und dies derart gewichtig, dass sie in gold gerahmt an der wand ständig präsent gehalten werden, solche bilder herzustellen, das durfte kaum ziel der ausbildung am bauhaus sein. der mensch selber sollte den raum beleben, nicht in andacht vor seinen ikonostasen versinken, welchem stil und welchem sujet sie auch zuzuordnen wären.1
das abgehen von darstellungen, die (echte oder imaginäre) wirklichkeit abbilden, hatte in der moderne zunächst kunstspezifische gründe. die erfindung und verbreitung von fotografie und film etwa erzwangen eine besinnung auf das spezifische der malerei. daraufhin rückte das gestalten mit farbe und form, der rückgang auf die elemente ohne bezug auf die darstellung von etwas in den mittelpunkt künstlerischer aufmerksamkeit.
darüberhinaus stellt der durchbruch zur bildlosen kunst über rein innerkünstlerische problemstellungen hinaus ein immer noch aktuelles, weil unerschöpftes emanzipatorisches potential der moderne dar. ein potential, das angesichts der schnellen entwicklung der informations-und illusions-technologien und ihrer explodierenden bilderwelten noch an bedeutung gewinnt. bildlosigkeit kann als eine lebenshaltung verstanden werden, die gegenüber der fixierung auf das machen und gebrauchen von bildern eine befreiung zum direkten verkosten der welt darstellt. das „du sollst dir kein bildnis machen!“ gilt dann nicht nur in bezug auf gott, sondern auch auf die mitmenschen und die welt als ganze.
mit diesem existentiellen ernst praktiziert leo zogmayer bildlosigkeit. wie den künstlern des bauhauses geht es ihm darum, dass der mensch selber den raum zwischen himmel und erde belebt und sich von ihm beleben läßt, anstatt ihn mit illusionistischen repräsentationen des lebens zu füllen.
die arbeit „feind bild“ weist als selbstreflexives kunstwerk (mit einem lächelnden auge) auf zogmayers künstlerische gegnerschaft zum bild hin. es bleibt aber nicht bei diesem kunstinternen bezug. „feind bild“ erinnert an die gesellschaftliche wirklichkeit, in der feindbilder eine traurige rolle spielen. das bild zeigt der betrachterin, die sich in seinem glas spiegelt, wie schnell auch ihr bild zum feindbild werden kann.
die zusammenstellung von „feind“ und „bild“ ist außerdem als hinweis darauf zu verstehen, dass jedes bild, das man sich macht, ein potentielles feindbild ist. denn wer sich ein bild von etwas oder jemandem macht und daran ohne rücksicht auf das wahrhaft erscheinende festhält, der verhält sich schon feindselig gegenüber dem erscheinenden sein. das hängen am bild als agression gegenüber der wirklichkeit.
eine andere form dieser feindschaft ist dort gegeben, wo bilder als fluchtwege aus dem dasein fungieren, in imaginäre ersatzwirklichkeiten entführen. beispiele dafür gibt es genug, von bestimmten werken nachtridentinischer kirchenkunst bis hin zu den heutigen computerspielen. das bildlos schöne von zogmayers kunst schneidet solche fluchtwege ab. sie motiviert zum gesammelten wachsein und öffnet die sinne für die freude am anwesenden.
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